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Aus für das St.-Pauli-Prinzip?

Es werden nun schon um die zwanzig Jahre sein, in denen die Billig-Welle wirtschaftsübergreifende Verwüstungen mit sich gebracht und so manches brave Mittelstandsunternehmen in die Pleite gespült hat. Die bis in unsere aktuellen Tage wirkende, immer noch mundsprachlich so ungeschliffene Kampagne um vermeintliche Libido-Sparsamkeit, scheint jedoch abzuebben. Vielleicht haben ja endlich auch die Verbraucher kapiert, dass ihre Vorteilsnahmen um immer billigere Waren und Angebote nicht nur den Arbeitsplatz des Nachbarn kosten, sondern auch den eigenen, tragischer Weise man wohlmöglich selbst einen Teil der Niedriglöhne und kalten Progression über das eigene Konsumverhalten verantwortet.

So schleicht sich ganz allmählich ein Adjektiv ein, das zur Hoffnung Anlass gibt und den Aufbruch in eine bessere Zukunft verspricht: „Billig“ wird immer häufiger – und ich unterstelle damit auch immer bewusster – durch „preiswert“ ersetzt. Der Unterschied scheint klein, ist er aber mitnichten.

Großmutters Weisheit, billig sei im Wesen teuer, erfährt mittels schmerzlicher Dauererfahrungen wieder mehr und mehr an gebührender Beachtung. Billiges kommt nun einmal über die unterste Qualitätsschublade nicht hinaus und muss deshalb gleich mehrfach erworben werden. Den Herstellern mag es Recht sein, mikropreisbedingte Mikrodeckungsbeiträge rechnen sich durch entsprechend mehr Abverkäufe auch ganz passabel und so werden die Lebenserwartung der eigenen Herstellungsobjekte „produkt-gen-bedingt“ auch nur noch in Gebrauchssekunden angeben. Der König Kunde wollte es bisher ja nicht anders und setzte in ganzer Breite auf das „St.-Pauli-Prinzip“: Bitte möglichst billig!

Mit dem aufstrebenden anderen Adjektiv hingegen wird man auf dem Kiez nicht weit kommen. Die Formulierung „Bitte möglichst preiswert!“ würde wohl auch nicht verstanden werden. Billig ist klar und bedarf keiner intellektuellen Interpretation. Das Wie-Wort „preiswert“ verlangt da schon deutlich mehr von einem ab und hat zudem das Potenzial, als Zweikomponentenkleber für bisher stark divergierende Verbraucherinteressen zu dienen. Erstens einen niedrigen Preis zu bezahlen, der für die Kostengröße eine (zweitens) möglichst hohe Qualität hat. Das Kaufgut hat tendenziell preislich im Verhältnis zum Warenwert neuerdings wertig(er) und damit günstig(er) statt immer nur billig(er) zu sein. Da muss sich vom Hersteller und vom Händler schon deutlich mehr Mühe gegeben werden, als bei einer profanen Billigvariante.

Werden Verbraucher plötzlich wieder schlauer?

Setzt man voraus, dass unsere Gehirne in den letzten Jahrzehnten immer massiver auf Billig-Strategien für laufend mehr Absatz und (preislich) schier ungebremstes Konsumverhalten umprogrammiert wurden, wir von Tag zu Tag, von Werbung zu Werbung auf diese Weise förmlich verblöden, ist eine erste Tendenz der Abkehr tatsächlich als Schlauerwerden zu verstehen.

Sind wir vielleicht endlich am untersten Sinkpunkt angelangt, stellen an diesem fest, dass es so nicht weitergehen kann? Sind es nun die Schmerzen am eigenen Leibe, die uns zur Einsicht und Umkehr kommen lassen? Fällt es uns wie Schuppen von den Augen, dass viele von uns oder unseren Mitarbeitern von der eigenen Hände Arbeit schon lange nicht mehr leben können? Zeigen Diskussionen um notwendige Mindestlöhne, unterbezahlte Werksverträgler oder ansteigende Altersarmut Wirkung?

Der Schlüssel ist das eigene Konsumverhalten. Ebenso, wie es eine moralische Bremse für jeden geben sollte, sich einen Haarschnitt für vier Euro einzugeizen, wäre ein Boykott allzu offensichtlicher Billigangebote ein erster Schritt in die Umkehr, die jedermann zu Gute kommen könnte. Die Wirtschaft wird sich schnell einzustellen wissen, d.h., wenn kurzfristig von der Kaufgruppenmehrheit eine bessere Qualität verlangt wird, kann damit ein höherer Einkaufs-/Verkaufspreis durchgesetzt werden. Unternehmer wissen das. Henry Ford hat einmal gesagt, dass der Ärger über eine schlechte Qualität weit länger andauert, als die Freude über den geringen Preis (ich grüße an dieser Stelle Herrn Hendrik Rohrbach, der mir vor kurzem mit diesem Zitat auf einen Beitrag antwortete).

Stünde bei Herstellern und Konsumenten mehr die Qualitätsbetrachtung im Vordergrund, würden sich viele Probleme besser und schneller lösen. Billig-Schund aus z.B. Asien, ob Printerzeugnisse, Elektronik oder Textilien, würden weit weniger wirtschaftlichen und (damit) sozialen Kahlschlag herleiten können, da es immer mehr auf den „kleinen Unterschied“ im Wörtchen „preiswert“ ankommen wird. Kauffreude entsteht so nicht mehr mittels der bisherigen Billigspirale, sondern zunehmend durch eine nachvollziehbare Positivbilanz des Preis-Leistungs-Verhältnisses – der Relation zwischen erwartungsgeprägtem Produktanspruch und attraktiver Anschaffungskosten unter Ermangelung der „inneren Gegenstandswerte“.

Hersteller und Mittelstandsunternehmer können pro-aktiv prägen und in diesen Trend einsteigen. Qua Unternehmensstrategie kann das mittelfristig über den Weg der (Rück?)Gewinnung einer Qualitätsführerschaft erfolgen – die Preisführerschaft kann anderen überlassen werden. In der Druck- und Verpackungsindustrie ist das allerdings genauso schwer, wie in anderen Wirtschaftsbereichen. Und damit logisch auch genauso leicht.

Unternehmensleitungen brauchen deshalb nicht zu zaudern. Jedenfalls dann nicht, sofern sie mit dem andauernden Preisverfall künftig selbst nicht weiter einverstanden sein wollen.

Quelle: Xing (Gruppe drupa)
Hier der Link zum Beitrag auf Xing

Autor:
Stefan G. Rohr
Geschäftsführer/CSO/COO (interim)
Vogt-Gruppe